Heilpädagogik konkret
Konkret in unserer Arbeit bedeutet Heilpädagogik, dass wir mit den Kindern Behandlungsstunden durchführen, indem wir
- positive Beziehung aufbauen und leben,
- die Kinder ermutigen und inspirieren,
- Ihnen etwas zutrauen,
- mit den Fähigkeiten und Interessen der Kinder arbeiten und
- ein gemeinsames positives Erleben schaffen.
Wir nehmen Probleme sehr wohl wahr und berücksichtigen deren Auswirkungen. Aber wir therapieren sie nicht weg, indem wir aktiv dagegen kämpfen.
„Nicht gegen den Fehler, sondern für das Fehlende!“ Paul Moor
beschreibt unsere Arbeit am besten.
Kurz: Die Kinder kommen gerne und fühlen sich bei uns wohl. Die Kinder trauen sich mehr zu, gewinnen Selbstbewusstsein und sind aktiver. Die Behandlung braucht Zeit, ist aber erfolgreich, da Probleme gemildert, Behinderungen akzepetiert und Schwächen kompensiert werden können, obwohl diese von uns nicht aktiv wegtrainiert werden.
Heilpädagogik ist Erziehung
Häufig erleben wir in unserem Arbeitsfeld und in der Gesellschaft, dass unter Heilpädagogik verstanden wird, bei behinderten Kindern Defizite wegzutrainieren. Eltern, aber auch Erzieherinnen haben manchmal diese Erwartung. Die Leistungsträger fordern meist eine an den Defiziten orientierte Aufstellung der Förderziele, damit sie die Kosten übernehmen. Auch in der Heilpädagogik selbst halten immer mehr Trainingsmethoden oder verhaltenstherapeutische Verfahren ihren Einzug. Aber eigentlich geht es um die Beziehungen der Kinder in Familie, Kita und bei uns.
„Aufgabe der Heilpädagogik ist es, die beeinträchtigten Erziehungsverhältnisse … aufzuspüren, zu erkennen und verstehen zu lernen, um einen Kontakt zum Kind herzustellen und förderliche Beziehungsverhältnisse zu ermöglichen, in denen eine spezielle Erziehung realisiert werden kann.“
Clara-Maria von Oy & Alexander Sagi
Erziehung ist Beziehung
„Was ich mit, vor einem oder für ein Kind mache, ist von untergeordneter Bedeutung gegenüber der Art, wie ich dem Kind begegne.“ Emil E. Kobi
Beziehung, Gefühl und Erleben
Auch eine Beeinträchtigung, schwierige Lebensumstände oder traurige Erlebnisse werfen Kinder manchmal aus der Bahn, insbesondere wenn die Eltern diesen hilflos gegenüberstehen. Die Gefühle, die das Kind dabei hat, prägen sein Erleben. Das Erleben wiederum steuert das Verhalten des Kindes.
In der Begegnung miteinander erlebt das Kind, wie es vom Gegenüber gesehen wird. Sind Eltern oder Erzieher sehr unglücklich über eine Beeinträchtigung, eine fehlende Kompetenz oder ungünstige Verhaltensweisen, spürt dies das Kind. Es erlebt sich als defizitär. Um dem entgegenzusteuern, arbeiten wir in der PUSTEBLUME grundsätzlich immer mit den Fähigkeiten, indem wir bei dem ansetzen, was schon gut gelingt. Wir trauen ihm etwas zu und ermutigen es, Neues auszuprobieren.
Erleben und Verhalten
Daran wächst das Selbstbewusstsein der Kinder und das gemeinsame Tun macht Kind und Erwachsenem Freude. Entwicklungsfortschritte werden möglich durch neues Erleben und neue Erfahrungen. Die Schwierigkeiten reduzieren sich. Die Kinder lernen, mit unveränderbaren Defiziten umzugehen und zu leben, weil sie entdecken, was sie sonst noch können. Das schafft Mut und neue Perspektiven.
Da das Erleben des Kindes sein Verhalten steuert, ist der objektive Befund an sich für uns nur wenig interessant. Stattdessen möchten wir wissen, was der Befund für das Erleben des Kindes bedeutet. In der heilpädagogischen Beziehung geht es nicht um eine allgemein gültige Wahrheit, sondern immer um eine positive, gemeinsam geschaffene Wirklichkeit, die für beide Seiten annehmbar ist. Konkret bedeutet dies, dass wir die Behandlungsstunden sehr positiv gestalten, indem wir die Kindern ermutigen und sie dem Entwicklungsstand entsprechend herausfordern. Dadurch entsteht eine Beziehung, die auf Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung basiert.
Sachlichkeit und Beziehung
„Denken wir daran, dass wir einerseits beides brauchen, den Wirklichkeitsgehalt und die Sachlichkeit, dass aber andererseits die größere erlebnismäßige Nähe zwar in die Intimität führt, aber die größere Distanzierung wohl die Sachlichkeit wahrt, aber die Inhalte verarmen lässt, so müssen wir daraus schließen, dass wir nach beiden Richtungen gehen und dass die dabei zu erzielenden Ergebnisse sich ergänzen und gegenseitig durch einander korrigiert werden müssen.“ Paul Moor
Diesen Spagat zwischen Sachlichkeit und erlebnismäßiger Nähe in der Beziehung ist eine Herausforderung, der wir uns im Interesse der Kinder immer wieder gerne stellen.
Gesine Herzog